Banken in der Verantwortung: Haftung für Betrugsopfer bei missachtetem Warnpflichten?

24. Oktober 2024

Verantwortung von Banken - Dr Thomas Schulte

Recht für Betrugsopfer: Was ist die Verpflichtung der Bank, wenn der Zahlungsempfänger ein rechtswidriges Verhalten an den Tag legt oder wenn ein erheblicher Geldbetrag fehlt?

Betrugsopfer haben das Problem, dass Gelder verschwunden und die Täter nicht greifbar sind. Das ist in Rechtspraxis häufig der Fall. Haftet jetzt die Bank, über die die Zahlungen gelaufen sind? 

Nach dem Geldwäscherecht sind Banken weltweit unter Strafandrohung durch Staatsanwaltschaft und Gerichte verpflichtet, Zahlungsströme permanent zu überwachen und gegebenenfalls Geldwäsche, wie Terrorismusfinanzierung und/oder Geldwäsche nach Begehung von Straftaten, zu melden. 

Anders ausgedrückt: Warum schützt das Bankgewerbe seine Kunden nicht auch davor, Geld zu verlieren, wenn dieses Geld durch illegale Handlungen verloren gehen könnte?

Wie die Briefträger  wollen auch die Banken nicht zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie nur das Geld der Kunden überweisen und es hinterher verschwunden ist. Die Banken und Zahlungsdienstleister möchten sich einer Verantwortung entziehen. Die Rechtslage ist jedenfalls in Deutschland komplex:

Einerseits kann man davon ausgehen, dass die derzeitige Rechtslage komplex ist und die Hauptverantwortung des Bankgewerbes – ebenso wie die anderer Zahlungsdienstleister wie Kreditkartenunternehmen, PayPal und anderer – darin besteht, Mittel und Wege zu finden, um Finanztransaktionen schnell und effizient durchzuführen. Die Banken argumentieren, dass ein Briefträger nicht verpflichtet ist, den Inhalt der von ihm zugestellten Briefe zu lesen, und ein Taxifahrer sich nur erkundigen muss, wohin seine Fahrgäste fahren, und dass er sich nicht erkundigen muss, was die Fahrgäste zu tun gedenken, wenn sie an ihrem Ziel angekommen sind. Sie sehen sich lediglich als Dienstleister, die Zahlungen schnell und effizient abwickeln, und lehnen jede Verantwortung ab. Was ihre Verantwortung für die Geldwäsche betrifft, so behaupten die Banken, dass es sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Verantwortung handelt, die sie gegenüber dem Staat wahrnehmen müssen, und die nichts mit der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zu tun hat. Die Komplexität des Zahlungsverkehrs stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Es kann sein, dass die Kunden einer Bank nicht einmal einen Vertrag mit der Bank haben, an die sie Geld senden; stattdessen kann die Bank des Kunden einfach einen Zahlungsauftrag ausführen, zum Beispiel Geld an eine andere Bank senden, und dann den Betrag an den Kunden weiterleiten.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Deutschland

Betrachtet man die zahlreichen Gerichtsentscheidungen, die zu diesem Thema ergangen sind, so kommt man zu folgendem Ergebnis: Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung IV ZR 56/07 angenommen, dass eine Warnpflicht besteht, wenn Anhaltspunkte vorliegen, also objektiv erkennbar ist, dass Straftaten zulasten von Kunden begangen wurden. Dabei ging er davon aus, dass eine Warnpflicht besteht, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Straftaten zulasten von Kunden begangen worden sind. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass eine Geldwäscheverdachtsmeldung nach dem Geldwäschegesetz vertraulich behandelt werden müsse.

Der Bundesgerichtshof vertritt die Auffassung, dass eine Drittbank nach § 826 BGB verantwortlich sein könnte oder ein Schadensersatz aus der Drittschadensliquidation möglich wäre. Daraus ergibt sich jedoch kein vertraglicher Anspruch gegen eine Drittbank.

Wenn Sie Geld verloren haben, weil eine betrügerische Person es durch eine Banküberweisung erhalten hat, hilft Ihnen dann die Haftung der Bank, das Geld zurückzubekommen? Es gibt mehrere Aspekte dieser Situation, die berücksichtigt werden müssen.

Ein unglücklicher Fall, bei dem mehrere Personen betrogen wurden, wurde durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2008 entschieden (Aktenzeichen XI ZR 56/07). Das höchste deutsche Gericht äußerte sich zu den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr eine vertragliche Warnpflicht auferlegt werden kann.

Kann eine Bank für den Betrug anderer haftbar gemacht werden?

Mehrere Düsseldorfer Haushalte waren von täuschend geschickten Telefonverkäufern betrogen worden, die nach Erhalt des Geldes dieses an sich nahmen und verschwanden. Die Opfer beschlossen daraufhin, die Bank zu verklagen.

Das höchste deutsche Gericht stellte klar, dass ein vertragliches Schutzbedürfnis besteht, weil sich „die Vertragsparteien bei der Abwicklung eines Schuldverhältnisses so zu verhalten haben, dass die Rechtsgüter einschließlich des Vermögens der anderen Partei nicht verletzt werden“ (Senat BGHZ 157, 256, 266 m. w. Nachw.). Nach den Bestimmungen eines Girokontovertrages hat ein Finanzinstitut die Pflicht, das Wohl seiner Kunden zu wahren.

Richtig ist aber auch, dass Banken im Geldverkehr fehlerfrei, unkompliziert und zügig tätig werden und schon aufgrund dieses begrenzten Geschäftszwecks und des Massencharakters des Geschäftsverkehrs nicht verpflichtet sind, auf die Interessen ihrer an den Geschäften beteiligten Kunden zu achten.

Warnpflichten: Wenn es offensichtlich ist, dass der Verbraucher ausgenutzt werden soll, muss der Unternehmer den Verbraucher warnen

In extremen Fällen können die Finanzinstitute jedoch verpflichtet sein, ihre Kunden zu warnen und zu informieren, um sie vor möglichen Gefahren zu schützen. Ist der absendenden Bank der offensichtlich bevorstehende wirtschaftliche Zusammenbruch des Empfängers der Überweisung oder der empfangenden Bank bekannt, so kann von der absendenden Bank verlangt werden, dass sie im Rahmen von Überweisungsvorgängen eine solche Verantwortung übernimmt. Es handelt sich also um ein Finanzinstitut, bei dem derjenige, der sich geschädigt fühlt, ein Konto unterhält.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs besteht eine Warnpflicht, und die Täuschung war eindeutig.

Im Ergebnis sind die Banken für das rechtswidrige Verhalten, wenn Warnpflichten verletzt wurden. Dem Opfer kann also nachhaltig geholfen werden, wenn die zahlungsausführende Bank in die Haftung genommen wird. 

Wie es weitergeht: Betroffene können eine kostenfreie Anfrage stellen, um ihre Chancen und Risiken mit einem fachlich versierten Rechtsanwalt zu besprechen. 

Fazit:

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs markiert einen bedeutenden Schritt in der Rechtsprechung: Banken, die ihre Warnpflichten vernachlässigen, können für den Verlust von Kundengeldern zur Rechenschaft gezogen werden. Diese wegweisende Auslegung zeigt, dass Finanzinstitute nicht nur neutrale Abwickler von Zahlungen sind, sondern in gewissen Fällen eine aktive Schutzpflicht ihren Kunden gegenüber tragen. Betroffene Betrugsopfer haben nun die Möglichkeit, ihre Rechte stärker zu verteidigen und die Banken zur Verantwortung zu ziehen – ein wichtiger Präzedenzfall, der den Opfern Hoffnung und den Banken klare Verpflichtungen auferlegt.

Autor: Dr. Thomas Schulte

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